Predigt zum Begräbnis

 
von
 
 
 
 
 
am 23.06.2006
zu Lk 23,33,39-46

 

  

Es war um die neunte Stunde, liebe Schwestern und Brüder, als Jesus die Worte, mit denen das Evangelium endete, sprach:
 
 
 
„Vater, in deine Hände lege ich meinen Geist“
 
 
 
Die letzten Worte bevor Jesus starb.
 
Die neunte Stunde, das ist auf unsere heutige Zeiteinteilung übertragen, gegen 15.00 Uhr.
Um die gleiche Uhrzeit gab auch Lukas sein Leben in die Hände Gottes.
Parallelen, die mir in den Sinn kamen.
 
Und wie beim Tod Jesu sich die Sonne verdunkelte und der Vorhang im Tempel zerriss,
so zog gleich einer Sonnenfinsternis, auch Dunkelheit in die Herzen aller die ihm nahe standen, zerriss der dünne Schleier der Hoffnung.
 
Das gilt sicher ganz besonders für seine Eltern, für seinen Bruder, seine Freundin,aber sicherlich auch für alle die ihn kannten, ob nun mehr oder weniger,als sie die furchtbare Nachricht hörten:
 
   
 
 
Lukas ist tot
 
 
 
Worte, die mir nur schwer über die Lippen kommen. Und ich denke ihnen allen geht es ähnlich. Wir können diesen Tod nicht fassen, können nicht begreifen, werden von der Frage nach dem Warum gequält.
 
 
 
·        Warum muss so ein junger Mensch sterben?
·        Warum wurde er von dieser schrecklichen Krankheit heimgesucht?
·        Warum gab es keine Heilung?
·        Warum scheint uns alle Hoffnung genommen?
·        Warum konnte er nicht noch leben?
 
 
 
 
Fragen die bohren und auf die wir kaum eine Antwort finden werden.
 
Elf Monate sind es her, dass sein Leidensweg, sein Kreuzweg begann.Vor elf Monaten, damals noch eine Zeit der Freude, des Glücks, der Hoffnung:
 
 
·        Das Abitur gerade bestanden,
·        Vorfreude auf die nahen Ferien,
·        hoffnungsvolle Erwartungen auf den baldigen Beginn des Studiums,
·        Pläne für die Zukunft
 
 
Alles verwies auf ein glückliches Leben, das da vor ihm lag. –Und dann, von einer Minute auf die andere, die Nachricht, die all das in Frage stellte.
 
Die Untersuchung einer scheinbar harmlosen Hautveränderung an einer Stelle, brachte eine schreckliche Diagnose:
 
 
 
 
Leukämie
 
und zwar eine, eines sehr aggressiven Typs
 
 
 
Chemotherapien folgten eine nach der anderen – nicht gleich erfolgreich und länger als zunächst erwartet.Ein auf und Ab, eine Tortur, oft durch starke Schmerzen begleitet. Immer wieder flackerte Hoffnung auf.
 
Und schon nur geringfügig bessere Untersuchungswerte ließen die Welt ein wenig heller werden.
Anfang des Jahres eine Kur, neue Lebensenergie, neue Hoffnung, doch dann wieder, schon nach kurzer Zeit, die schrecklichen Zeichen auf der Haut, die zeigten, dass die Krankheit nicht besiegt war.
 
 
 
 
Der Leidensweg ging weiter
 
 
 
Wieder das Krankenhaus, wieder Chemotherapie, wieder starke Schmerzen, wieder Fieber, wieder Angst und Traurigkeit.
 
Ein letzter Hoffnungsschimmer, eine Knochenmarktransplantation würde vielleicht die ersehnte Besserung bringen.
 
Doch die Besserung blieb aus, statt dessen neue Signale, - die Leukämie war immer noch nicht verschwunden, Organe waren  in Mitleidenschaft gezogen – die Medizin am Ende ihrer Möglichkeiten, alle Hoffnung zerrann wie Sand zwischen den Händen.
 
 
 
 
Der Leidensweg,
der letzten elf Monate ist zu Ende,
 Lukas hat zu Ende gelitten.
 

 
 
 
Aber so schwer dieser Weg, so hoffnungslos viele Abschnitte dieses Weges auch waren, er ist ihn mit Christus gegangen. Seine Krankheit, das lange Leiden waren für ihn das Kreuz an dem er Jesus nachfolgte. Mit Jesus ist er diese Via Dolorosa, diese Strasse der Schmerzen, diesen Kreuzweg gegangen, hat auf ihn und auf Gott, den Vater vertraut. Selbst in den schwersten Stunden hat an ihm festgehalten, hat all seine Hoffnung auf ihn gesetzt und  am Ende sein Leben in Gottes Hand gelegt, hat alles Irdische losgelassen:
 
 
 
„Vater, in deine Hände lege ich meinen Geist."
 
 
 
Es ist der Geist Gottes, den wir in unserer Taufe empfangen,
der Geist der uns zu Gott Vater sagen lässt,
der Geist, in dem wir als Getaufte unser Leben leben.
 
 
 
 
Im Tod ist Lukas Jesus gleich geworden.
 
 
 
Und wie die Geschichte im Evangelium,
die Geschichte vom Leiden und Sterben Jesu noch nicht zu Ende ist,
sondern  weitergeht, über den Karfreitag hinaus,
so ist auch die Lebensgeschichte von Lukas noch nicht zuende –
die irdische ja, aber die mit Gott noch nicht.
 
 
 
Es folgt der Karsamstag, die Grabesruhe und es folgt der Ostern,
der Tag der Auferstehung  Jesu, seine Erweckung  von den Toten,
so wie wir im Glauben bekennen.
Jesus hat bis zum Ende seines Lebens, bis zu seinem Tod am Kreuz auf den Vater vertraut.
 
 
 
Und der hat ihn nicht verlassen, sondern hat ihn auferweckt am dritten Tag.
Gott hat das Leiden und den Tod nicht verhindert,
aber er hat Jesus nicht verlassen und er verlässt auch uns nicht-
auch nicht über den Tod hinaus.
Wer aber auf den Namen Jesu getauft ist,
wer seinen Ruf der Nachfolge hört und ihm folgt,
wer wie er sein Kreuz auf sich nimmt,
wer an ihm auch über alle zerstörten Hoffnungen und Enttäuschungen hinweg festhält, und letztlich ihm gleich wird im Tod,
der ist ihm auch darüber hinaus gleich und  hat teil an seiner Auferstehung.
 
 
 
„Heute noch wirst du mit mir im Paradies sein",
 
 
 
 
diese Zusage hat Jesus dem Schächer gegeben, der sich im zuwandte,
der an ihn, als den Messias glaubte.
Jesus wendet sich dem zu, der sich ihm zuwendet,
ja mehr noch, er sagt ihm das Paradies zu.
Es ist sicherlich nicht das Paradies, der Garten,
der am Beginn der Bibel die Wohnung der ersten Menschen beschreibt.
Es ist vielmehr das Leben in der Gemeinschaft mit Gott,
das Leben in Frieden und Geborgenheit,
das ewige Leben in aller Vollkommenheit, Schönheit und Kostbarkeit –
nichts anderes ist mit dem Paradies gemeint.
Es ist der neuer Himmel und die neue Erde, das himmlische Jerusalem,
von dem wir in der Lesung gehört haben.
Dort, wo es weder Trauer noch Klage noch Mühsal geben wird,
wo selbst der Tod nicht mehr sein wird.
 
 
 
 
An diesen Ort dürfen wir denken, wenn wir uns an Lukas erinnern:
 
 
·        an seine Kontaktfreudigkeit und offene Art,
·        an sein Interesse an seinen Mitmenschen und seiner Umgebung,
·        an seine Fähigkeit zuhören zu können,
·        an seine Hilfsbereitschaft und seinen Einsatz für andere.
 
  
 
All das machte ihn zu einem „besonderen Menschen und super Freund zu jeder Zeit",  wie ihn, so oder so ähnlich,  Freunde in der Abi- Zeitung beschrieben haben.
 
Ich denke alle die ihn kannten werden dem zustimmen, sei es aus der Schule, aus dem Schwimmverein oder durch seine Begeisterung für den Fußball, besonders - wie könnte es anders sein, für Schalke.
 
Oder wie ich, der ich ihn als Messdiener kennen gelernt habe, als einen  gradlinigen  Menschen, der Vorbilder und Ziele hatte,  dem Klagen oder gar auf  Mitleid aus zu sein, wenn es ihm einmal nicht so gut ging, völlig fremd waren – selbst, als er schon sehr krank war. Ganz im Gegenteil, selbst da noch sorgte er sich um seine Mutter, um sie, liebe Frau Matuschek, die sie Tag um Tag und Stunde um Stunde im Krankenhaus an seinem Bett gewacht haben und hilflos sein Leiden mit ansehen mussten.
 
 
 
 
Lukas hat seine Leiden überstanden,
er ist aus diesem irdischen Leben hinübergegangen in das andere, das ewige Leben.
Auch wenn der Schmerz des Abschieds uns quält,
auch wenn wir diesen Weggang nicht begreifen können,
die Erinnerung an ihn wird in unseren Herzen bleiben.
 
 
 
 
Der Tod  aber, ist nicht das Ende, sondern Übergang, unser Leben wird uns nicht genommen, sondern gewandelt in das ewige Leben. Wir dürfen auf Jesu Zusage vertrauen:
 
 
„heute noch wirst du mit mir im Paradiese sein“
 
 
in der Gemeinschaft mit dem Auferstandenen und allen Heiligen,
zum wahren Leben bei Gott. 
 
 
 
 
 
 
 Amen
 
Pfarrer N. Büdding